Pflichtteilsrecht
Die verfassungsrechtlich garantierte Teilhabe nächster Angehöriger am Erbe
Kein anderes Gebiet des Erbrechts ist so praxisrelevant.
Der Pflichtteil sichert die verfassungsrechtlich garantierte Mindestteilhabe am Nachlass für den Kreis der nächsten Angehörigen.
Wenn ein Erblasser einen pflichtteilsberechtigten Verwandten enterbt, der ohne Testament oder Erbvertrag eigentlich Erbe wäre, kann dieser Verwandte bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen den Pflichtteil einfordern.
Kein anderer Bereich des Erbrechts ist so praxisrelevant wie das Pflichtteilsrecht. Die Durchsetzung und Abwehr solcher Ansprüche in all ihren Facetten gehört für uns zur Routineaufgabe.
Art und Höhe des Pflichtteilsanspruchs
Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch, der sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beläuft.
Die Berechnung erfolgt anhand des Nachlasswerts zum Zeitpunkt des Erbfalls. Der Pflichtteil umfasst keine Sachwerte oder bestimmte Nachlassgegenstände, sondern ist stets in Geld zu leisten. Die Erben sind verpflichtet, auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen, damit die Höhe des Anspruchs berechnet werden kann. Der Pflichtteilsanspruch entsteht unmittelbar mit dem Erbfall und ist sofort fällig, sodass der Berechtigte ihn gegenüber den Erben geltend machen kann. Kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, kann der Anspruch im Wege der Klage durchgesetzt werden.
Pflichtteilsergänzungsansprüche
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch dient dazu, Pflichtteilsberechtigte davor zu schützen, dass der Erblasser sich durch Schenkungen seines Vermögens „entledigt“ und dadurch die Pflichtteilsberechtigten gezielt umgeht.
Wenn der Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tod Vermögenswerte verschenkt hat, können diese dem Nachlass unter Umständen hinzugerechnet werden, wodurch sich der Pflichtteilsanspruch erhöht. Allerdings erfolgt eine „abschmelzende“ Anrechnung: Für jedes Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, wird der anzurechnende Wert um ein Zehntel reduziert.
Bei Schenkungen an den Ehegatten beginnt die Zehnjahresfrist erst mit der Auflösung der Ehe. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch kann neben dem regulären Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden und ist ebenfalls ein reiner Geldanspruch, der sich gegen die Erben richtet. In bestimmten Fällen kann sich der Anspruch auch gegen den Beschenkten selbst richten, wenn der Erbe nicht zur Ergänzung in der Lage ist.
Effektive Durchsetzung Ihres Pflichtteilsanspruchs
Die häufigsten Fragen:
FAQ Pflichtteilsrecht
Pflichtteilsberechtigt sind die engsten Angehörigen des Erblassers. Dazu gehören:
- Kinder (leibliche und adoptierte Kinder) sowie – falls ein Kind bereits verstorben ist – dessen Abkömmlinge (Enkel, Urenkel).
- Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner, sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft zum Zeitpunkt des Erbfalls noch bestand.
- Eltern des Erblassers, aber nur, wenn dieser keine eigenen Kinder hinterlässt.
Geschwister, Neffen, Nichten oder nicht-eheliche Lebensgefährten haben keinen Pflichtteilsanspruch.
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den der Pflichtteilsberechtigte ohne Testament erhalten hätte. Die genaue Höhe hängt von der gesetzlichen Erbfolge und dem Wert des Nachlasses ab.
Beispiel: Hat der Erblasser zwei Kinder und keine Ehefrau hinterlassen, würden die Kinder normalerweise je 50 % erben. Wird eines der Kinder enterbt, hat es Anspruch auf 25 % des Nachlasses als Pflichtteil.
Gern errechnen wir Ihnen Ihre persönliche Pflichtteilsquote.
Der Pflichtteil wird aus dem Reinnachlass berechnet, also dem Vermögen des Erblassers abzüglich Schulden und Verbindlichkeiten. Der Wert umfasst Bargeld, Immobilien, Wertpapiere und andere Vermögenswerte. Frühere Schenkungen des Erblassers können den Pflichtteil beeinflussen. Falls größere Vermögensübertragungen in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall erfolgt sind, kann der Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen.
Ja, aber nur unter sehr strengen Bedingungen. Der Erblasser kann den Pflichtteil entziehen, wenn der Berechtigte sich schwerwiegende Verfehlungen zuschulden kommen lässt, etwa:
- Eine schwere Straftat gegen den Erblasser oder enge Familienmitglieder.
- Misshandlung oder grobe Vernachlässigung gegenüber dem Erblasser.
- Schwerer Bruch der familiären Pflichten, z. B. durch einen massiven Vertrauensmissbrauch.
Ein bloßer Kontaktabbruch oder familiäre Streitigkeiten reichen nicht aus, um den Pflichtteil zu entziehen. Die Entziehung muss zudem im Testament begründet werden.
Pflichtteilsberechtigte müssen ihren Anspruch aktiv geltend machen, da sie nicht automatisch am Nachlass beteiligt werden. Dazu sollte der Erbe schriftlich zur Auskunft über den Nachlass und zur Zahlung des Pflichtteils aufgefordert werden.
Falls sich die Erben weigern, Auskunft zu erteilen oder zu zahlen, kann der Pflichtteil gerichtlich eingefordert werden.
In allen Phasen ist eine anwaltliche Vertretung sinnvoll oder sogar vorgeschrieben. Gern unterstützen wir Sie hierbei.
Falls der Erbe die Zahlung verweigert oder sich weigert, Auskunft über den Nachlass zu geben, kann der Pflichtteilsberechtigte Klage einreichen, um seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen.
Häufig gelingt es uns jedoch, den Erben ohne gerichtliche Hilfe zur Zahlung zu bewegen.
Ja, Pflichtteilsansprüche unterliegen der gesetzlichen Verjährung von drei Jahren. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte vom Erbfall und seiner Enterbung erfahren hat.
Beispiel: Stirbt ein Erblasser im Mai 2024 und erfährt der Pflichtteilsberechtigte im September 2024 von seinem Anspruch, beginnt die Verjährung am 31. Dezember 2024 und endet am 31. Dezember 2027.
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